Hanfkalk
Unsere Entscheidung für einen Bioverbundwerkstoff auf der Basis von Hanfkalk fiel im Rahmen einer Forschungsarbeit, die ein klares Ziel verfolgte: die Erneuerung des gesamten Systems und gleichzeitige Etablierung eines neuen Geschäftsmodells mit enormen gesellschaftlichen und ökologischen Vorteilen.
Hanf ist ein Rohstoff, von dessen großflächiger Verfügbarkeit in Italien die Landwirtschaft, die Industrie, die Pharmazie, die Lebensmittelindustrie, das verarbeitende Gewerbe, die Bauwirtschaft und der Dienstleistungssektor gleichermaßen profitieren könnten. Doch obwohl seine Eigenschaften ihn für alle Anwendungsbereiche prädestinieren, gab es bisher ein Problem: durch das mangelnde Fachwissen, die geringe Verfügbarkeit und die in Italien übliche handwerkliche Ausrichtung war er bis 2010 praktisch nirgendwo wettbewerbsfähig außer in einem Bereich: dem Bauwesen.
Hanfkalk bietet den Vorteil eines vollkommen natürlichen Produkts, das die Umwelt schont, die Probleme des modernen Wohnungsbaus löst und ein hohes Maß an Wohn- und Klimakomfort gewährleistet. Hanf löst Probleme, mit denen der Bausektor heute häufig zu kämpfen hat: das sogenannte Sick-Building-Syndrom, eingeschränkter Wohnkomfort und geringe Wohngesundheit sowie die steigende Zahl besonders energieintensiver Gebäude – und das alles ohne gleichwertige Baustoffalternativen.
Durch Erprobung französischer und englischer Technologien in Italien sowie Forschung und Entwicklung konnten wir die Hürden überwinden, die jahrelang den großflächigen Einsatz von Hanf im Bausektor behindert haben, und dabei technische Innovationen entwickeln, mit denen sich Wände für Passivhäuser zu den gleichen Kosten realisieren lassen wie mit herkömmlichen, energieintensiven und unzulänglichen Systemen. Derzeit verarbeiten wir den gesamten in Italien verfügbaren Bestand an Hanfschäben und importieren die gleiche Menge aus Frankreich. Dadurch ist es anderen italienischen Unternehmen möglich, in die Lieferkette zu investieren und die ursprünglich von uns angestrebte und initiierte Aufwärtsspirale zu verstärken.
Was ist Hanf (Cannabis Sativa L.)?
Nutzhanf (Cannabis Sativa) ist eine einjährige krautige Pflanze mit schlankem Stängel, der eine Höhe von 1,5 bis 4,5 m und einen Durchmesser von 0,5 bis 2,0 cm erreichen kann.
Der Stängel besteht aus einer äußeren Schicht aus langen und hochfesten Fasern sowie einem holzigen Kern, der gebrochen als Schäben bezeichnet wird. Je nach Bewuchtsdichte kann die Pflanze mehr oder weniger stark verzweigt sein. Bei dichter Aussaat verzweigt sich der Stamm kaum.
Hanf und Marihuana sind nicht dasselbe. Der THC-Gehalt von (legalem) Nutzhanf liegt bei 0,2 % oder weniger. Der THC-Gehalt von (illegalem) Marihuana kann zwischen 5 und 20 % betragen.
Ein bisschen Geschichte ...
Hanf wurde bereits vor 8500 Jahren in China kultiviert und hauptsächlich als Faser- und nur in geringem Maße als Ölsamenquelle genutzt. Faserhanf verbreitete sich zunächst in Westasien und Ägypten und dann zwischen 1000 und 2000 v. Chr. auch in Europa. Eine großflächige Kultivierung in Europa erfolgte ab 500 nach Christus.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war Hanf der führende Faserlieferant für die Seilherstellung und galt als »Königin der Faserpflanzen«, als Maßstab für alle anderen Faserarten.
Mit dem Marihuana Tax Act von 1938 wurde der Anbau und die Verarbeitung von Hanf in den Vereinigten Staaten faktisch verboten: ein Verbot, das sich in der Folge auf Europa und praktisch die ganze Welt ausweitete.
Die Produktvielfalt, für die Hanf angebaut werden kann, ist außergewöhnlich. Die bekannte amerikanische Zeitschrift Popular Mechanics feierte die Pflanze als »das Eine-Millionen-Dollar-Gewächs« und stellte fest, dass »von Dynamit bis Zellophan« mehr als 25.000 Produkte daraus hergestellt werden können«.
Ökologische Aspekte
Hanf ist eine äußerst widerstandsfähige Pflanze, die in praktisch allen Breitengraden wächst und ohne den Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden auskommt. Durch ihr sehr schnelles Wachstum (durchschnittlich 120 Tage) bindet sie während ihres Lebenszyklus große Mengen an CO2. Außerdem punktet sie durch eine besonders hohe Biomasse-Effizienz: bei mechanischer Entlaubung während der Wachstumsphase fällt ein Großteil der Biomasse zurück auf den Boden und zersetzt sich dort schnell. Darüber hinaus wirkt Hanf bodenentgiftend, da er dem Erdreich Schwermetalle wie Zink oder Quecksilber entzieht. Bei der Ernte verbleiben die Wurzeln im Boden, verhindern so seine Erosion und sorgen für die Belüftung des Erdreichs.
Nutzungsmöglichkeiten
Langfasern
» Produkte aus Biokunststoff
» Qualitativ hochwertiges Papier
» Dämmstoffplatten für den Bau
» Biologisch abbaubare Geotextilien und Gärtnereiprodukte
» Grobtextilien (Teppiche, Stoffbezüge)
Feintextilien
Holziger Kern
» Bauwesen: als Baustoff (Hanfkalk-Bioverbundwerkstoffe, Verbundplatten, Putzmörtel)
» Bauwesen: Wärme- und Schalldämmung
» Einstreu für Klein- und Großtiere
Samen
» Konditorei- und Backwaren
» Speiseöl
» Körperpflegemittel
» Tierfutter (ganze Samen als Vogelfutter, Trester als Viehfutter)
» Nahrungsergänzungsmittel mit Gamma-Linolensäure
» Spezialöle für die Industrie
Staude
» Alkohol
» Brennstoff (Biomasse und Biokraftstoff)
» Silage
Vorteile für den Bau
Hanfschäben
Hanfschäben (Hanfspäne) stecken voller mikroskopisch kleiner, luftgefüllter Alveolen, in denen ein kontinuierlicher Kreislauf von Mikrokondensation und -verdunstung stattfindet, der den Wärme- und Kältedurchgang von innen nach außen (und umgekehrt) verhindert, die Raumluftfeuchtigkeit reguliert und so für optimalen Wohnkomfort sorgt.
PRAKTISCHE UMSETZUNG:
• Wärmedämmung
• Schalldämmung
• Thermische Trägheit
• Luftfeuchtigkeitsregulierung
Kalk
Kalk wird anhand seiner Aushärtungsart unterteilt in:
Luftkalk: Aushärtung durch allmähliche Verbindung mit Luftkohlensäure (Karbonatisierung).
Hydraulischer Kalk: Aushärtung bei Kontakt mit Wasser durch Verbindung von Silicaten und Aluminaten (natürlich enthaltene Unreinheiten oder nachträgliche Zusätze)
Ein bisschen Geschichte ...
Kalk wird schon seit der Antike als Baustoff eingesetzt.
Die Ägypter verputzten damit bereits vor rund 6000 Jahren die Pyramiden, und im alten Rom gehörten Kalkmörtel vom Pantheon bis zum Aquädukt zum Baualltag.
Bis zur Erfindung des Portlandzements im 19. Jahrhundert blieb Kalk das gebräuchlichste Bindemittel und verlor erst danach allmählich an Bedeutung.
Seit den letzten 20 bis 30 Jahren erlebt Kalk ein Comeback bei der Restaurierung historischer Gebäude, da Zement hier vermehrt zu Bauschäden führte.
Vorteile von Kalk am Bau
Diffusionsoffenheit: direkte Folge seiner hohen Porosität und Dampfdurchlässigkeit
Selbstheilend: Geringe Neigung zur Schwind- und Dehnungsrissbildung: die eindringende Feuchtigkeit bewirkt die Auflösung des »freien« Kalks, der sich absetzt und so Risse »repariert«.
Wärmeleitfähigkeit: erhöht das Komfortgefühl sowohl bei warmem als auch kaltem Klima.
Verarbeitbarkeit: Fähigkeit eines Mauer- oder Putzmörtels, homogen und formbar zu bleiben. Folge der Plastizität und des Wasserrückhaltevermögens von Kalk.
Langlebigkeit: Bei richtiger Verarbeitung ist Kalk extrem beständig.